Die landesweit schlechten Chancen für Hartz-IV-Empfänger gelten insbesondere für das Ruhrgebiet. Das belegt der aktuelle Arbeitslosenreport NRW, der Wohlfahrtsverbänden in Nordrhein-Westfalen. "Die Arbeitsmarktchancen von Hartz-IV-Empfängern sind desaströs", kritisiert Dr. Jürgen Holtkamp von der Caritas im Bistum Essen.Demnach gelang es 2015 pro Monat durchschnittlich nur 1,4 Prozent der Hartz-IV-Empfänger im Ruhrgebiet, eine sozialversicherungspflichtige Stelle zu finden. Von 78.358 Hartz-IV-Empfängern im erwerbsfähigen Alter, die 2015 den Leistungsbezug im Ruhrgebiet beendet haben, mussten 28,1 Prozent binnen drei Monaten erneut Unterstützung vom Jobcenter beantragen. Ein häufiger Grund sind instabile und befristete Jobs, etwa in der Leiharbeit.
Leiharbeit nur selten eine Brücke in reguläre Beschäftigung
Landesweit belegt die Leiharbeitsbranche mit 28 Prozent Platz eins der Arbeitgeber für vormals arbeitslose Hartz-IV-Empfänger. Dies gilt auch für das Ruhrgebiet. Hier kamen 27,6 Prozent der Arbeitslosen im Hartz-IV-System, die zwischen Juli 2015 und Juni 2016 eine sozialversicherungspflichtige Arbeit aufnahmen, in der Leiharbeit unter. Dabei hat Leiharbeit nur eine geringe Brückenfunktion in reguläre Beschäftigungsverhältnisse. Nur sieben von Hundert vormals Arbeitslosen, die eine Stelle in der Leiharbeit fanden, hatten zwei Jahre später eine existenzsichernde Beschäftigung außerhalb der Arbeitnehmerüberlassungsbranche. Landesweit zeigt sich, dass die Arbeitsverhältnisse in der Leiharbeit nur von kurzer Dauer sind. Mehr als die Hälfte der Leiharbeitsverhältnisse endet nach weniger als drei Monaten. Danach geht es in der Regel zurück in Arbeits- und Perspektivlosigkeit.
Unterstützung und Begleitung ist wichtig
"Es genügt nicht, Menschen nur kurzfristig in Arbeit zu bringen, sie müssen dauerhaft in Arbeit bleiben", sagt Dr. Jürgen Holtkamp, Abteilungsleiter bei der Caritas im Bistum Essen. "Sie brauchen auch nach der Aufnahme einer Beschäftigung aktive Unterstützung und fachliche Beratung." Er verweist damit auf den im August 2016 ins Sozialgesetzbuch aufgenommenen Paragraphen 16g. Diese Regelung ermöglicht aktive Leistungen zur nachhaltigen Eingliederung in Arbeit, wie Beratungsangebote auch noch bis zu sechs Monate nach der Beschäftigungsaufnahme. Holtkamp appelliert an die Jobcenter im Ruhrgebiet und die örtlichen Arbeitgeber, die Chance zu nutzen, die diese neue Regelung zur betrieblichen Eingliederung ehemals langzeitarbeitsloser Mitarbeitender bietet. "Schnellen Abbrüchen der Beschäftigung und dem Scheitern von Langzeitarbeitslosen, schon nach wenigen Monaten, kann durch intensive Begleitung vorgebeugt werden. So ermöglicht es die neue Regelung, erfahrene Fachkräfte zu coachen, die dem neuen Arbeitgeber, sowie den neuen Kolleginnen und Kollegen als Ansprechpartner, und im Ernstfall auch als Krisenmanager zur Verfügung zu stehen."
Die Caritas im Ruhrbistum hat die Daten des Arbeitslosenreports für die Städte Duisburg, Essen, Oberhausen, Mülheim, Bottrop, Bochum, Gelsenkirchen und dem Ennepe-Ruhr-Kreis ausgewertet. Daten für die einzelnen Städte und Kreise sowie Hintergrundmaterial gibt es unter www.arbeitslosenreport-nrw.de.
Hintergrund: Die Wohlfahrtsverbände in NRW (LAG NW) veröffentlichen mehrmals jährlich den "Arbeitslosenreport NRW". Darin enthalten sind aktuelle Zahlen und Analysen; Basis sind Daten der offiziellen Arbeitsmarktstatistik der Bundesagentur für Arbeit. Jede Ausgabe widmet sich einem Schwerpunktthema. Hinzu kommen Kennzahlen zu Unterbeschäftigung, Langzeitarbeitslosigkeit und SBG II-Hilfequoten, um längerfristige Entwicklungen sichtbar zu machen. Ziel der regelmäßigen Veröffentlichung ist es, den öffentlichen Fokus auf das Thema Arbeitslosigkeit als wesentliche Ursache von Armut und sozialer Ausgrenzung zu lenken, die offizielle Arbeitsmarkt-Berichterstattung kritisch zu hinterfragen und dabei insbesondere die Situation in NRW zu beleuchten. (ChG)