„Schön, dass du da bist!“
Draußen weht ein kalter Wind, aber in den Räumen des Jugendheims St. Josef ist es gemütlich warm. Die Wände sind mit bunten Bildern von kleinen Robben auf Eisschollen und Wüstenlandschaften bemalt. Auf einem liebevoll gedeckten Tisch stehen Getränke und Kekse für die Besucher bereit. Marion, Paula und Kerstin begrüßen strahlend alle Gäste, die heute das internationale Café in Ückendorf besuchen. Sie arbeiten seit der Eröffnung 2016 mit und sind immer noch mit Feuereifer dabei.
Das Café ist eine Anlaufstelle für Geflüchtete, die Beratung, Unterstützung beim Lernen der deutschen Sprache und Kontakt zu anderen suchen. In Beratungsterminen geht es um Themen wie Job- und Wohnungssuche, Gesundheit und Freizeitgestaltung. Mehrere Deutschkurse werden parallel von ehrenamtlichen Mitarbeitenden auf hohem Niveau angeboten. Die Level reichen vom Anfänger bis zum Fortgeschrittenen und sollen helfen, die deutsche Sprache praktisch anzuwenden. Einige Teilnehmende nutzen diese Möglichkeit als zusätzliches Angebot neben anderen Integrationskursen, die sie an anderer Stelle schon belegen. Dort geht es oft eher um das theoretische Wissen, während im internationalen Café der Fokus auf dem Sprechen der Sprache liegt. In Gruppen von vier bis sechs Teilnehmenden, lernen die Geflüchteten, die deutsche Sprache mehr und mehr in ihren Alltag zu integrieren.
Heute sind vier Frauen zum Kurs von Doris Klenke gekommen. Sie kommen aus Syrien, Afghanistan, Russland und Mazedonien und möchten in Deutschland Fuß fassen. Während sie über den Texten büffeln und reihum Wetter- und Verkehrsnachrichten vorlesen, spielt der kleine Sohn einer Teilnehmerin friedlich mit seinen Süßigkeiten. Alle unbekannten Worte werden von Doris Klenke direkt erklärt. Vor allem Worte mit mehreren Bedeutungen sind für die Frauen schwer zu lernen. In der Wetternachricht wird beschrieben, dass am Nachmittag Wolken aufziehen. Doris Klenke beschreibt mit Worten und Bewegungen anschaulich, welche weiteren Bedeutungen das Wort ‚aufziehen‘ im Deutschen haben kann. Mit ihren Fingern ahmt sie nach, wie Perlen auf eine Kette aufgezogen werden und zeigt im Anschluss, wie man sich über eine Person lustig macht, sie also mit etwas aufzieht. Neben dem Vorlesen üben die Frauen heute auch die Zeitformen der deutschen Sprache.
Im Nebenraum ist der Cafébereich aufgebaut. Hier wird die Beratung von hauptamtlichen und ehrenamtlichen Mitarbeitenden angeboten. Die 81-jährige Paula Flashove arbeitet von Anfang an ehrenamtlich mit: "Es wurden damals Leute gesucht. Da habe ich gedacht, hast Zeit, kannste ja machen. Für mich ist das keine Arbeit, mir macht das Spaß." Gestartet wurde das Internationale Café als Kooperationsprojekt der Gemeinde St. Josef und des Caritasverbandes für Gelsenkirchen. Teamleiter Michael Niehaus erklärt: "Die Besucherstruktur hat sich seit der Eröffnung im März 2016 stark verändert. Am Anfang hatten viele Besucher erstmal das Bedürfnis, einen Anknüpfpunkt zu bekommen und überhaupt mit Leuten ins Gespräch zu kommen. Der Bedarf ist heute nicht mehr so groß. Nach wie vor ist die Beratung und die sprachliche Förderung aber sehr gefragt."
Marion Augustin (84) ist ebenfalls ehrenamtliche Mitarbeiterin und findet es besonders interessant, die Geschichten der Besucher zu hören und deren Kultur kennen zu lernen. Bei den Begegnungen fällt ihr immer wieder auf: "Die Geflüchteten sind unwahrscheinlich freundlich." Insgesamt arbeiten acht Hauptamtliche und 12 bis 15 Ehrenamtliche regelmäßig mit. Ihr Ziel ist es, eine Begegnung auf Augenhöhe zu schaffen, die von Nächstenliebe, Respekt und Toleranz geprägt ist.
Neben der Beratung und den Sprachkursen wird nach Möglichkeit auch eine Kinderbetreuung angeboten, um die Mütter zu unterstützen. Außerdem gibt es immer wieder Angebote wie einen Stromsparcheck oder Ausflugsmöglichkeiten. Auch bei Aktionen wie ‚GE putzt‘, engagieren sich die Mitarbeitenden mit ihren Schützlingen. Um so ein Programm anbieten zu können, freut sich das Team des Internationalen Cafés immer über ehrenamtliche Verstärkung.
Durch die jahrelange Begleitung der Besucher sind im Laufe der Zeit viele Freundschaften entstanden. Kerstin Barczik (43) ist hauptamtliche Mitarbeiterin des Caritasverbandes und im Internationalen Café für die Beratung zuständig. Sie erzählt: "Am Anfang mussten wir den Klienten noch ziemlich viel helfen. Vor allem beim Ausfüllen von Anträgen und Fragen zu Behörden. Mit der Zeit sind alle schon viel selbstständiger geworden. Es ist schön zu sehen, dass unsere Unterstützung im Leben der Besucher einen Unterschied macht."