Einen Rechtsanspruch auf eine ausreichende Zahl leicht zugänglicher Beratungsangebote für überschuldete Menschen fordert Norbert Hartmann, Referent für Schuldnerberatung im Caritasverband für das Bistum Essen. "Wenn Menschen in finanzielle Not geraten, brauchen sie Unterstützung - unabhängig von ihrer Einkommenssituation. Denn bei Überschuldung müssen rechtliche, wirtschaftliche und soziale Fragen geklärt werden. Das belastet die Betroffenen auch psychisch und gesundheitlich", sagt Hartmann anlässlich der bundesweiten Aktionswoche Schuldnerberatung vom 19. bis 23. Juni 2017. Nicht selten entstehe ein Teufelskreis, den die Betroffenen oft ohne Begleitung nicht durchbrechen könnten.
Verschuldung ist kein Einzelfall. Nach Angaben der Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung der Verbände (AGSBV) haben 647.136 Personen wegen finanzieller Probleme im Jahr 2015 in einer der 1.400 Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen in Deutschland das Beratungsangebot in Anspruch genommen. Angesichts der Größe des Problems fordert Hartmann weitere gemeinnützige Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen: "In Ballungszentren wie dem Ruhrgebiet ist die Zahl verschuldeter Menschen tendenziell höher als in ländlichen Gebieten. Häufig müssen die Betroffenen drei Monate Wartezeit hinnehmen, bevor sie in einen Beratungsprozess einsteigen können."
Als Fachmann für Allgemeine Sozialberatung hält Hartmann es zudem für erforderlich, den Schuldnerschutz zu stärken. Das 2010 eingeführte Pfändungsschutzkonto erfülle eine wichtige Schutzfunktion für Überschuldete. Viele Ratsuchende, so seine Beobachtung, seien in prekären Beschäftigungsverhältnissen als sogenannte "Aufstocker", bei größeren Reparaturen oder der Anschaffung einer Waschmaschine oder eines Kühlschranks darauf angewiesen Finanzierungsangebote zu nutzen oder Darlehen beim Jobcenter aufzunehmen.
Thema Energie: Hartmann fordert zudem, dass der Anteil für Strom im Regelbedarf der Grundsicherung höher bemessen werden muss. "Die Grundversorgung mit Energie gehört zur Existenzsicherung. Die gestiegenen Kosten für Energie führen dazu, dass immer mehr Menschen mit niedrigem Einkommen ihre Strom- und Heizkostenrechnung nicht mehr bezahlen können und sich verschulden."
Thema Gesundheit: Schließlich müsse der Gesetzgeber eine Regelung finden, damit verschuldete Menschen, die Beitragsrückstände bei ihrer gesetzlichen Krankenkasse oder in der privaten Krankenversicherung haben, dennoch Zugang zum Leistungsumfang der Regelversorgung erhalten. Für so genannte Kleinselbstständige müsse es einen bezahlbaren Zugang zur gesetzlichen Krankenversicherung geben.
Info: Die durchschnittliche Schuldenhöhe der 2015 beratenen Personen betrug nach Angaben der Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung 34.400 Euro, was etwa dem 33-fachen ihres Monatseinkommens entspricht. Hauptursachen für die Überschuldung waren Arbeitslosigkeit, längerfristiges Niedrigeinkommen, gesundheitliche Probleme, Trennung oder Tod des Partners.
(CS/ChG)
Pressemitteilung
Ruhrgebiet (cde)
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Erschienen am:
19.06.2017
Herausgeber:
Caritasverband für das Bistum Essen e.V.
Geschäftsstelle
Am Porscheplatz 1
45127 Essen
0201 810 28 - 0
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