"Stress kann bei psychisch kranken Menschen schlimmstenfalls einen Rückfall in eine akute Krankheitsphase auslösen", weiß Sozialarbeiterin Sabine Kremer vom Integrationsfachdienst IFD . Sie leitet das Stressbewältigungstraining. "Was haben Sie getan, damit es Ihnen gut geht?", fragt die IFD-Mitarbeiterin zu Beginn jeder Sitzung die Teilnehmenden. In vermeintlich lockerem Plauderton geht es los; doch beim Plaudern bleibt es nicht. Sabine Kremer hört genau hin, hakt nach: "Wie geht es Ihnen damit?" und "wie gehen Sie damit um?"
Ein gebrochenes Bein oder eine Grippe - das kennt jeder. Aber eine psychische Erkrankung? "Ich sehe gesund aus", sagt eine Teilnehmerin. Viele Kolleginnen und Kollegen hätten daher kaum Verständnis für eine psychische Erkrankung. Unverständnis und Aussagen wie "jetzt reiß Dich doch mal zusammen" seien an der Tagesordnung und belasten noch zusätzlich. Dabei hätten gerade Menschen mit einer psychischen Erkrankung eine "geringere Widerstandsfähigkeit gegenüber äußeren Stressoren", so Sabine Kremer. Der vertrauensvolle Austausch unter den sechs Teilnehmern funktioniert gut in der kleinen Gruppe. Hier muss sich keiner rechtfertigen; alle haben ähnliche Erfahrungen gemacht.
Die Krankheit komme in Wellen: "Es ist mal schlimmer und mal weniger schlimm", sagen die Teilnehmer des Stressbewältigungstrainings. Hoffnung auf Heilung? "Du bist ein Leben lang damit konfrontiert und musst lernen, damit umzugehen", so die Gruppe. Beim Stressbewältigungstraining lernen die Teilnehmer in insgesamt zwölf Sitzungen Entlastungs-und Unterstützungsmöglichkeiten. Bei den Sitzungen gibt es auch Hausaufgaben: Einmal galt es, Stresssymptome und eigene Frühwarnzeichen aufzuschreiben.
Die Ergebnisse: Gedankenkreisen, gewaltige Schokoladenberge, Gammelkleidung - die Warnzeichen, dass ein Rückfall in die akute Krankheitsphase bevorsteht, sind vielfältig und so verschieden wie die Teilnehmer.
Doch alle, die hier sitzen, eint der Wunsch zu arbeiten: "Es gibt hier keinen, der nicht arbeiten will ", sagen sie. Psychisch krank am Arbeitsplatz sei jedoch ein ewiger Kampf mit dem Arbeitgeber und mit der Krankenkasse. "Jeder will wissen, wie lange noch?" Doch das wissen die Erkrankten selbst nicht. Wenn die akute Krankheitsphase zu lange andauere, kämen zu der Erkrankung noch existentielle Ängste hinzu, weiß Kremer. Auch bei bestehendem Arbeitsvertrag folgen auf das Krankengeld erst Arbeitslosengeld I und dann Hartz IV. "Und auch die Erwerbsminderungsrente ist nicht viel, da kommt nicht viel für die Altersvorsorge bei rum", weiß die Fachfrau.
Hintergrund:
Der Integrationsfachdienst IFD in Trägerschaft der Caritas Gelsenkirchen arbeitet im Auftrag des LWL- Integrationsamtes Westfalen. Der IFD berät psychisch kranke und/oder schwerbehinderte Menschen sowie Arbeitgeber bei Problemen am Arbeitsplatz. Außerdem bietet er für chronisch psychisch kranke Menschen eine Unterstützung bei der Suche nach einem Arbeitsplatz an. Weitere Informationen unter: www.ifd-westfalen.de/ifd-ge