Morgens zeitig aufstehen, eine feste Tagesstruktur. Eine Zeit lang war das für den 47-Jährigen nicht selbstverständlich. Vor drei Jahren ist Tybussek zurück in seine Heimatstadt Gelsenkirchen gekommen; zuvor waren innerhalb kürzester Zeit sein Partner, mehrere Freunde und auch seine Mutter gestorben. Durch einen längeren Krankenhausaufenthalt hat er außerdem seine Wohnung verloren. "Als ich hierher kam war ich komplett alleine", sagt der blonde Mann mit fester Stimme. Und er fährt fort: "Ich war in einem richtig tiefen Loch."
Dass er jetzt nicht mehr in diesem Loch drin ist, hat er den anderen Besuchern des Wilhelm-Sternemann-Hauses zu verdanken: "Wir haben uns gegenseitig rausgezogen", so Tybussek, der ziemlich überrascht war, dass er so gut Anschluss gefunden hat: "Man meint ja eigentlich, Wohnungslose haben nichts auf dem Kasten. Aber hier gibt es viele intelligente Menschen", hat er während seiner Besuche hier herausgefunden. Tybussek lacht: Richtig gute Freunde habe er hier sogar gefunden. "Die Leute untereinander helfen sich. Wir haben ja auch teilweise ähnliche Probleme", führt der große, schlanke Mann weiter aus. Der tägliche Besuch des WSH sei sein "tägliches Ritual". Mittlerweile hat der Gelsenkirchener auch durch die Unterstützung im WSH eine neue Wohnung gefunden. Thomas Tybussek blickt auf: "Im Moment läuft es gut. Ich hoffe, dass das so bleibt."
Anfang des Monats holt sich Tybussek ebenso wie viele andere Besucher auch die Gutscheine fürs Mittagessen. 50 Cent kostet ihn das pro Mahlzeit. "Wer aber wirklich kein Geld hat, muss auch ohne Gutschein nicht hungern", verrät Caritasmitarbeiter Marco Stauch. Er arbeitet seit zwei Jahren als Sozialarbeiter im WSH. Aber eine Gegenleistung wird schon verlangt: "Zum Beispiel draußen fegen oder die Tische abräumen", so Stauch weiter.
Das Frühstück gibt es in der Beratungs- und Begegnungsstätte gratis - auch weil das Intercity-Hotel aus der Innenstadt seine übriggebliebenen Brötchen spendet. Immer wieder montags spendet Heinisch Brot, Brötchen und Kuchen - alles was bei der Bäckereikette vom Wochenende übrig geblieben ist, landet dann im Wilhelm-Sternemann-Haus.
Rund 270 Menschen sind im WSH derzeit gemeldet. Aber nicht nur wohnungslose Menschen, sondern auch von Wohnungslosigkeit bedrohte und andere bedürftige Menschen besuchen das Haus der Caritas. Hier bekommen Sie neben den Mahlzeiten nach Bedarf auch eine Dusche sowie Anziehsachen und Schuhe aus der Kleiderkammer. Und was vielleicht besonders wichtig ist, sie treffen andere Menschen.
Gegen 13 Uhr verabschiedet sich Thomas Tybussek: "Bis morgen!"